Gedichte

Schwingungen des Kokons

Vor dem Teppich
deiner Großmutter
fand ich den Mut
dir zu sagen, dass
ich dich liebe-
die Töne im Raum
webten einen Kokon
um uns:
Unsichtbar vor der Welt
berührte dein Herz
das meinige

Der junge Dichter

Schwarz stieg der junge Dichter
über die Stufen der Stadt
dunkle Schuhe an den Füßen,
fing die Blicke der Mädchen auf,
der ganz jungen

Nachts stieg der junge Dichter
über die Stufen der Stadt
schuhlos

In ihren Betten lächelnd
träumten junge Mädchen
von Nechojs Füßen.

Türen

öffnen sich –
Vögel finden hinaus
und hinein
Keinen Wein braucht es
mein Herz zu beflügeln

Ein Abend Tanz
ein Abend Flug
ein Abend
Vogelschwung und Klang –

Die Schwermut
wartet schon
hinter verschlossener Tür

Bruder Wind

bist du Freund mir
oder Feind
oder gar Geliebter du?
Machst das Treten
mir so schwer
auf meinem Rad –

Stemmst dich gegen
meine Brust –
drückst mir Schoß und Herz –
kitzelst mich an Hals und Ohr
streichelst Hand
die halb erfror

Die betagte Pianistin

Während ihres letzten Konzerts
die Hände noch einmal
wie flatternde Vögel
während Schumanns Kinderträumen
über den Tasten aus Elfenbein
auch das Haupt sank
der Körper fand Halt am Flügel
noch zum letzten Mal Ruhe

Der Raum voller Töne
die daraus sich bildenden Flügel
auf dem Rücken der Künstlerin
schutzgebend

Die Zuhörer auf Zehenspitzen
stehend in ihren Reihen
begriffen nicht die Ernsthaftigkeit
des Augenblicks

Staunend gefangen
in der Schönheit des Höhepunktes
dieses ausklingenden Lebens